1. Dezember 2015

Weihnachten 1970 im Vergleich zu heute

Von Marika Christiansen

Weihnachten 1970 war ein aufregender Tag für mich. Mein Vater war zu dieser Zeit auf See. Ich feierte mit meiner Mutter allein. Wir hatten einen wunderschön geschmückten Weihnachtsbaum. Er war zwar künstlich, aber schön.Ich habe ihn zusammen mit meiner Mutter geschmückt. Bevor die Bescherung stattfand, musste ich ins Schlafzimmer gehen und warten, bis meine Mutter mich in das Wohnzimmer hineinrief. Langsam packte ich jedes Geschenk aus und freute mich über jedes einzelne. Leider weiß ich nicht mehr im einzelnen, was meine Mutter mir geschenkt hatte. An Tonal konnte ich mich noch erinnern, weil es mit auf dem Kinderfoto drauf war. Damit konnte man wie mit Ton umgehen. Es musste nur nicht unter so hohen Temperaturen gebrannt werden. Jedenfalls habe ich mich zu dieser Zeit noch gut mit meinen Eltern verstanden, was jetzt nicht mehr der Fall ist. 
Ich verstehe mich jetzt nicht mehr mit meinen Eltern, weil sie zu hohe Erwartungen an mich stellen, die ich nicht erfüllen kann, weil ich auch nicht mehr ganz so gesund bin, wie zu dem Zeitpunkt, als ich 7 Jahre alt war. Auch mit den Ansichten meiner Eltern komme ich nicht mehr zurecht. Ich bin auch nicht mehr so autoritätsgläubig wie früher. Aber ich habe leider oftmals Angstzustände, die ich nicht steuern kann. Dann brauche ich einfach nur meine Ruhe und muss mich ruhig auf mein Bett legen. Das alles würden meine Eltern nicht verstehen. Meine Eltern haben mich in der akuten Zeit meiner Krankheit als faul gehalten. Sie meinten, ich würde mich nur hinter meiner Erkrankung verstecken und wolle keine Verantwortung mehr für mein Leben übernehmen wollen. Das stimmt jedoch so nicht. Keiner wird willentlich krank. Schon gar nicht psychisch. Ich hebe viele Male in Krankenhäusern zugebracht und hatte dort sogar Selbstmordgedanken. 
Jetzt ist das anders. Ich war schon seit über neun Jahren nicht mehr im Krankenhaus, obwohl es mir auch schon oft nicht so gut ging. Ich hatte zum Glück stabile Beziehungen zu anderen Menschen aufbauen können. Und ich arbeite seit über 11 1/2 Jahren in der Behindertenwerkstatt. Da fühle ich mich wohl und vor allem verstanden. Ich kann dort mit Kollegen über Probleme und Geschehnisse sprechen, was ich auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht konnte. Als kleines Kind wurde ich viel mehr angenommen als jetzt, wo ich mehr Hilfe bräuchte. Aber meine Eltern haben für mich kein Verständnis mehr. Sie wollen immer nur selbst verstanden werden. Das ist mir zu einseitig. Deshalb gehe ich zu "Leben mit Behinderung", weil ich dort besser aufgehoben bin als bei meinen Eltern.
 Auch Weihnachten feiern wir seit 28 Jahren nicht mehr zusammen, weil ich mit 24 Jahren zuletzt von meinem Vater geschlagen wurde. Das war Weihnachten im Harz. Ich hatte nur gesagt, dass mein Vater jetzt ein Hilfsarbeiter sei. Da ist er aufgesprungen und hat mich geschlagen. Zum ersten Mal habe ich dann zurückgeschlagen. Seitdem feiern wir kein Weihnachten mehr zusammen und verreisen auch nicht mehr zusammen.Mit sieben war ich noch die geliebte Tochter meiner Eltern. Jetzt aber schon lange nicht mehr. Zum Glück habe ich viele Freunde und Freundinnen, so dass ich meine Eltern nicht mehr brauche. Ich habe meinen Eltern sogar verboten, mich anzurufen. Aber sie halten sich nicht daran. Ich wollte auch nicht mehr, dass sie mir irgendetwas schenken, aber sie hören nicht auf, mich zu nerven. 
Auch mein Sohn sagt ständig, dass ich ihn nerve. Ich muss aufpassen, dass ich nicht das Verhalten meiner Eltern auf ihn übertrage. Das gelingt mir nur zum Teil. Ich sollte viel mehr an Gott abgeben. Er wird schon das Richtige machen. Auch mein Ex-Mann besucht uns öfter. Er will meinen Sohn dabei helfen, einen Job zu finden. Ich bin damit überfordert. Weihnachten soll ein besinnliches Fest sein. Seit 11 Jahren treffe ich mich an diesem Tag immer mit meiner 74-jährigen Freundin, die ich bei alsterarbeit damals kennengelernt habe. Wir unternehmen dann immer etwas zusammen. Dieses Mal treffe ich mich mittags mit ihr. Dann wollen wir bei ihr essen. Danach gehen wir 14:30 in die Trinitatiskirche und feiern dort Weihnachten. Das ist besser als meckernde Eltern, mit denen man nichts anzufangen weiß. 
Karin, meine Freundin, ist zwar auch nicht ganz unkompliziert, aber wesentlich angenehmer als meine Eltern. Mit ihr muss ich mich nicht streiten. Leider kommt es zwischen mir und meinen Eltern immer wieder zu Reibereien und ich bin der Meinung, dass ich das nicht mehr nötig habe. Ich bin schon lange erwachsen und lasse mir von denen nichts mehr sagen. Aber das verstehen die einfach nicht. Also ist es das Beste, den Kontakt zu ihnen vollständig abzubrechen. Ich brauche meine Nerven für mich und meinen Freund und meinen Freundinnen und meinen Ex-Freunden bzw. meinem Ex-Mann. Ich komme damit gut klar.

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